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TanDEM-X – Die Erde in drei Dimensionen

Astrium-Satellit fertiggestellt - Startkampagne kann beginnen

Radar-High-Tech-Produkt soll am 21. Juni 2010 ins All fliegen

Der deutsche Radarsatellit TanDEM-X ist fertig gestellt und hat seine Weltraumtauglichkeit in einer speziellen Testreihe bei der Firma IABG in Ottobrunn (bei München), beauftragt vom europäischen Raumfahrtunternehmen Astrium, unter Beweis gestellt. Am 11. Mai 2010 steht mit dem Flug vom Münchner Flughafen zum Weltraumbahnhof Baikonur (Kasachstan) die erste große Reise des Satelliten an. Der Start ins All mit einer russischen Trägerrakete vom Typ Dnjepr soll am 21. Juni 2010 stattfinden. Der Zwillingssatellit von TerraSAR-X ist in einer öffentlich-privaten Partnerschaft (PPP) zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Astrium GmbH in Friedrichshafen gebaut worden.

TanDEM-X soll zusammen mit dem nahezu baugleichen, seit 2007 im All arbeitenden Satelliten TerraSAR-X innerhalb von drei Jahren die Datenbasis für ein bislang einzigartiges digitales Höhenmodell der Erde erfassen. TanDEM-X und TerraSAR-X bilden dazu ein Radar-Interferometer: Sie fliegen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt in enger Formation und ermöglichen so zeitgleiche Aufnahmen des Geländes aus verschiedenen Blickwinkeln. Das Satelliten-Duo soll die komplette Landoberfläche der Erde, das sind 150 Millionen Quadratkilometer, in einem 12-Meter-Raster (Straßenbreite) und einer relativen vertikalen Genauigkeit von besser als zwei Metern bestimmen.

Zum Nachweis der Weltraumtauglichkeit führte die IABG umfangreiche Tests am Satelliten durch. Das Programm umfasste die Prüfung der elektromagnetischen Verträglichkeit, Thermal-Vakuum-Tests inklusive Sonnensimulation, Vibrationstests, Akustiktests sowie die Bestimmung der Masse-Eigenschaften des Satelliten. Eine Besonderheit im Zuge der Testkampagne stellte der so genannte „Boom-Release-Test“ dar. Dabei wurden die Schockbelastungen im Satelliten untersucht, die durch den Ausklappvorgang der Antenne im Weltraum ausgelöst werden. Die Qualifikationstests führte die IABG in ihrem Raumfahrtzentrum am Standort Ottobrunn durch, welches zu den von der ESA koordinierten Testzentren gehört.

Das PPP-Abkommen zwischen Astrium und dem DLR regelt unter anderem die Finanzierung und Datennutzung von TanDEM-X. Demnach finanzieren die Partner den knapp 85 Millionen Euro teuren Satelliten gemeinschaftlich: 59 Mio. € trägt das DLR, 26 Mio. € steuert Astrium bei. Das DLR entwickelt zudem das für die Mission notwendige Bodensegment und ist verantwortlich für die Planung und Durchführung der Mission, ebenso für die Steuerung der beiden Satelliten und die Erzeugung des digitalen Höhenmodells. Die Nutzung der Daten für wissenschaftliche Zwecke wird vom DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme koordiniert. Die Anpassung des Höhenmodells an die Bedürfnisse kommerzieller Nutzer sowie dessen weltweite Vermarktung übernimmt exklusiv die Infoterra GmbH (Friedrichshafen), eine 100-prozentige Astrium-Tochtergesellschaft.

Der entscheidende Vorteil der satellitengestützten Vermessung der Erde liegt in der Erzeugung eines weltweit einheitlichen, homogenen Geländemodells ohne Brüche an regionalen oder Ländergrenzen sowie Inhomogenitäten, die aus unterschiedlichen Messverfahren und zeitlich gestaffelten Messkampagnen entstehen. Hierbei spielt der Einsatz des Radars eine entscheidende Rolle, da es vollkommen unabhängig von Wetter und Wolken bei Tag und Nacht betrieben werden kann.

Das Verfahren ist derzeit konkurrenzlos und findet insbesondere in den USA erhebliche Beachtung. TanDEM-X ist ein Schlüsselprojekt zur Demonstration, zur Sicherung und zum Ausbau der deutschen Kompetenz und Wettbewerbsfähigkeit in der satellitengestützten Radartechnik.

Deutschland wird mit dem Digitalen Geländemodell der Erde über ein attraktives und weltweit einmaliges Datenprodukt verfügen, welches – neben vielen wissenschaftlichen Anwendungsmöglichkeiten – z.B. von Einrichtungen wie dem DLR-Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) sowie Programmen und Initiativen wie GMES (Global Monitoring for Environment and Security) und GEOSS (Global Earth Observation System of Systems) und auch sicherheitsrelevanten Kooperationsabkommen genutzt werden kann.

Kommerzielle Nutzung

Wie beim TanDEM-X-Zwilling TerraSAR-X ist die kommerzielle Vermarktung der Daten und abgeleiteten Produkte Teil des PPP-Vertrages zwischen Astrium und dem DLR. Die Astrium-Tochtergesellschaft Infoterra GmbH, die 2001 eigens zum Zwecke der kommerziellen Vermarktung von TerraSAR-X gegründet wurde, wird auch dafür verantwortlich sein, Kunden weltweit mit den neuen TanDEM-X-basierten Höheninformationen zu versorgen.

Seit Beginn des operativen Betriebes von TerraSAR-X Anfang 2008 hat Infoterra neben einer soliden Position am weltweiten Markt für Erdbeobachtungsdaten und -dienste auch ein Vertriebsnetzwerk mit mehr als 50 Partnern in 33 Ländern aufgebaut. Diese vielversprechende Geschäftsbasis wird genutzt werden, um die TanDEM-X-Daten und -Produkte ebenso erfolgreich zu vermarkten.

Mit der neuen Zwillingssatellitenkonstellation TerraSAR-X/TanDEM-X gewinnt das Unternehmen eine einzigartige Datenquelle – Kunden aus Privatwirtschaft und öffentlicher Hand erwarten bereits heute gespannt das resultierende Höhenmodell, das in Qualität, Genauigkeit und Abdeckung einzigartig sein wird.

Die Anwendungsbereiche sind vielseitig und reichen von einer höheren Effizienz bei der Förderung von Öl, Gas oder Mineralien über eine verbesserte Kriseneinsatzplanung und Vorhersage der Auswirkungen in Katastrophenfällen bis hin zu einer gezielteren Vorbereitung von Verteidigungs- und Sicherheitseinsätzen. In allererster Linie sehen allerdings die Kartographie-Verantwortlichen in vielen Ländern der Welt einer verbesserten Höheninformation in den Standard-Kartenwerken entgegen – dank dieser genaueren und aktuelleren Datenquelle.

Über TanDEM-X

TanDEM-X wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie in öffentlich-privater Partnerschaft (Public-Private-Partnership PPP) zwischen dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der Astrium GmbH realisiert.

Das primäre Ziel der TanDEM-X (TerraSAR-X add-on for Digital Elevation Measurement)-Mission ist die Erstellung eines globalen digitalen Höhenmodells. Bei einem Abstand von nur wenigen hundert Metern werden hierzu die beiden Satelliten TanDEM-X und der nahezu baugleiche TerraSAR-X, der seit dem 15. Juni 2007 im All ist, das erste konfigurierbare SAR-Interferometer (SAR= Synthetic Aperture Radar) im Weltraum bilden. Ein leistungsfähiges Bodensegment, welches eng mit dem von TerraSAR-X verzahnt ist, erlaubt die Steuerung dieser komplexen Mission und vervollständigt das TanDEM-X-System. Zur Abdeckung der gesamten Erdoberfläche wird ein dreijähriger Parallelbetrieb im Formationsflug durchgeführt.

Das DLR ist verantwortlich für die wissenschaftliche Nutzung der TanDEM-X Daten, die Planung und Durchführung der Mission, sowie die Steuerung der beiden Satelliten und die Erzeugung des digitalen Höhenmodells. Astrium hat den Satelliten gebaut und ist an den Kosten für die Entwicklung und Nutzung beteiligt. Wie bei TerraSAR-X ist die Infoterra GmbH, ein Tochterunternehmen von Astrium, verantwortlich für die kommerzielle Vermarktung der TanDEM-X Daten.